Essen

BSLA-Standpunkt:

Nahrung – für eine fruchtbare Stadt

In den letzten 15 Jahren hat das Interesse an der urbanen Lebensmittelproduktion in vielen verschiedenen Zusammenhängen zugenommen. Heute ist allgemein anerkannt, dass sie sich direkt auf die Qualität unserer Städte auswirkt. Landschaftsarchitekten können ihr Know-how zu diesem Thema einsetzen, wenn es um aktuelle Fragen der räumlichen Qualität, des Wohlbefindens der Bevölkerung oder der Lebensmittelversorgung geht.

Schweizer Städte wachsen stetig in die Höhe, was dazu führt, dass immer mehr Menschen denselben Raum beanspruchen. Gleichzeitig hilft das Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) dabei, unser grosses Landwirtschaftsgebiet und dessen Identität zu bewahren. Diese Gleichzeitigkeit der Zunahme der städtischen Bevölkerung und des Schutzes der landwirtschaftlichen Nutzflächen, bieten große Chancen, bergen aber auch die Gefahr einer räumlichen Degradierung und einer Verringerung der Lebensqualität in der Stadt, wenn sie nicht angemessen gehandhabt werden.

Hinzu kommt, dass die Stadtbevölkerung sich mehr und mehr von der Quelle einer ihrer Existenzgrundlagen – der Nahrung – entfernt. Die Abnahme der Nahrungsmittelqualität und der Gesundheit der Stadtbevölkerung sowie die Entfremdung zwischen Nahrungmittelproduzent:innen und Konsument:innen sind Alarmsignale für die Zukunft.

Ausserdem belastet die Nahrungsmittelproduktion und ihre Verteilung die Umwelt immer stärker und die Ressourcen verknappen sich. Und schließlich konkurriert die zunehmende Lebensmittelproduktion in der Stadt mit dem Bedarf an anderen urbanen Freiräumen.

Der Landschaftsarchitektur stehen fünf Strategien zur Verfügung, mit denen sie in der beruflichen Praxis sowie in Politik und Planung dazu beitragen können, nachhaltige Lösungen zu entwickeln und fördern. Um die Qualität unserer sich verdichtenden Städte zu verbessern, versucht dieses Positionspapier, die beruflichen Ressourcen zu bündeln, Projektziele zu formulieren und das Bewusstsein heutiger und potenzieller Akteure zu schärfen.

1.  Die Identität von Orten steigern

Die Produktionslandschaft der Schweiz besteht aus Bauernhöfen, Äckern, Weideland, Obst- und Weinbauflächen. Diese manigfaltige Landnutzung, die sich über ein vielseitiges Gelände legt, ist ein zentraler Aspekt unserer nationalen Identität. Beim Blick zurück auf das historische Muster der Schweizer Agrarlandschaft entdeckt man eine noch grössere Vielfalt. Diese soll als bei der Integration von produktiven Räumen in die Städte als Inspiration dienen.

2.  Synergien in der Stadt schaffen

Die zunehmende Dichte von Menschen und Gebäuden in den Städten birgt das Risiko, dass wir uns voneinander abschotten und den Kontakt zu unseren Nachbarn verlieren. Wir laufen Gefahr, uns von unseren produktiven Gebieten zu lösen und die Verbundenheit zum Land zu verlieren. Soziales Engagement ist von grossem Nutzen. Von gegenseitiger Unterstützung und kollektiver Partizipation geleitete Bürgerinitiativen stärken uns alle und fördern das Gefühl dazuzugehören. Produktive Landschaftselemente in der Nähe von vorhandenen Treffpunkten wie Gemeinschaftszentren, Schulen, Spitälern usw. anzulegen, kann die soziale Interaktion bereichern. Programme, die auf Synergien und räumliche Nähe setzen, können Interaktionen und Wissensvermittlung durch Praxiserfahrung fördern.

3.  Ökologischen Nutzen gewährleisten

Der Schutz und die Erweiterung der natürlichen Ressourcen sind für unser Wohlbefinden von grundlegender Bedeutung. Urbane Landwirtschaft muss nicht nur bezüglich Raum, Nahrung und sozialen Aspekten Vorteile bieten, sondern auch ökologische. Die Förderung von Biodiversität und ökologische Vernetzung in der Stadt kann und sollte mit der städtischen Lebensmittelproduktion einhergehen.

4.  Städtischen Wandel bewerkstelligen

Unsere Städte verdichten sich und bewirtschaftete Parzellen sind bedroht. Der Verlust von Ackerland durch Bautätigkeit ist irreversibel. Wir müssen den Wert der fruchtbaren Flächen in unseren Städten erkennen und neue Flächen für die urbane Nahrungsmittelproduktion schaffen. Die derzeitige Urbanisierung in der Schweiz eröffnet viele Möglichkeiten und strategische Orte für urbane Landwirtschaft. Nicht oder wenig genutzte Flächen in den Städten, idealerweise vom öffentlichen Verkehrsnetz aus zu Fuss erreichbar, können von vermehrter Nahrungsmittelproduktion profitieren. Mit der Ausrichtung auf urbane Zentren im Wandel eröffnet sich eine Fülle von Möglichkeiten.

5   Landschaften für das Wohlbefinden entwickeln

Orte mit Nahrungsmittelproduktion sind Landschaften für das Wohlbefinden. Sie tragen zur Ernährungssicherheit bei und können die Biodiversität fördern. Durch fachgerechte Kompostierung gelangen Nährstoffe zurück in den Boden. Sie sind Orte der sozialen Interaktion für Menschen aller Altersgruppen. Gärtnern und Landwirtschaft betreiben sind alternative Formen der körperlichen Betätigung. Die eigene Ernte einzubringen kann sich finanziell lohnen. Der Kontakt mit der Erde ist erwiesenermassen sehr bereichernd. Der Kontakt mit der lebendigen Natur durch das Pflanzen kann unsere Empathie für die Umwelt steigern.

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