Price First

Die Stadt Winterthur, vertreten durch Stadtgrün Winterthur, hat im Herbst 2021 eine Planersubmission für die Sanierung des gartendenkmalpflegerisch wertvollen und intensiv genutzten Stadtgartens ausgeschrieben. Das Sanierungskonzept basiert auf einer Testplanung aus dem Jahre 2009. Grundlage für die Angebote bildeten die definierten aufwandbestimmenden Umgebungsbaukosten Leistungsanteile gemäss LHO SIA 105. Vergabekriterien waren der Preis (50%), Referenzprojekte (30%) und das eingesetzt Projektteam (20%). Acht Angebote sind eingegangen. Die Spannweite zwischen dem teuersten und dem günstigsten liegt bei rund 30%. Im Vergleich zu einer Referenzkalkulation gemäss SIA 105 unter Berücksichtigung der Komplexität liegt das billigste Angebot sogar 40% tiefer.

Die Landschaftsarchitekten müssen sich ein weiteres Mal die unangenehme Frage gefallen lassen, wie weit sie sich mit dieser Tiefpreisstrategie nicht nur selber, sondern auch dem Berufstand nachhaltigen Schaden zufügen. Die Projekte werden zwangsläufig an Qualität einbüssen da aufgrund der tiefen Honorare weniger Zeit in die Projektarbeit investiert werden kann. Ausserdem werden die Auftraggeber das Preisniveau rasch verinnerlichen (Stichwort: Gewöhnungseffekt) und es wird schwierig sein, faire Honorare einzufordern. Eine solche Entwicklung ist weder im Sinn der Landschaftsarchitekturbüros, noch des Berufstandes und letztlich auch nicht der Auftraggeber. Der Bund hat mit der Änderung des Öffentlichen Beschaffungswesens BöB per Anfang 2021 ein klares Zeichen gesetzt und wertet die qualitativen Faktoren höher als die wirtschaftlichen. Der Grundsatz «Qualität vor Preis» wird sich im Sinne der Baukultur hoffentlich auch auf kantonaler und kommunaler Ebene durchsetzen.

Stephan Herde, Landschaftsarchitekt BSLA SIA, Vorstandsmitglied